„Die Spätfolgen für Immunsystem und Psyche“
Erneuter Lockdown, Ausgangssperren, Homeoffice und nicht zuletzt die zunehmende Sorge um die eigene Existenz: Keine Frage, Corona und all` seine Belastungen schlagen vielen Menschen mächtig aufs Gemüt. Einigen sogar so sehr, dass sie ernsthaft erkranken, zum Beispiel an Depressionen oder Angststörungen.
Doch es müssen nicht nur diese erschwerten Rahmenbedingungen sein, denen einige psychisch nicht standhalten können. Auch das Virus selbst kann sich einen Weg ins Gehirn bahnen und dann quasi auf direktem Wege psychische Symptome wie etwa depressive Verstimmungen verursachen: „Neuere Studien haben in Gewebeproben von Verstorbenen Partikel vom SARS-CoV-2 Virus in der Riechschleimhaut und auch in deren Nervenzellen nachgewiesen. Neben anderen Zugangswegen kann somit auch das Riechzentrum für das Virus als Pforte ins Gehirn dienen“, erläuterte Univ.- Prof. Dr. Judith Alferink beim ersten digitalen Alex-Talk.
Live aus der Waschküche skizzierte die Forschungsleiterin für Immun-Neurobiologie (UKM) und Alexianer-Chefärztin die Corona-Spätfolgen für Immunsystem und Psyche, während WN-Redakteur Stefan Werding parallel die Fragen ihrer Zuschauern zuhause an den Bildschirmen moderierte. Die von der Expertin vorgestellten Studien brachten dabei spannende und aktuelle Erkenntnisse in die Wohnzimmer.
Zum einen, dass es gleich mehrere Gründe für psychische Symptome geben kann, die durch eine Covid-19-Erkrankung ausgelöst werden können: Die Viruserkrankung kann beispielsweise Veränderungen im Zytokinnetzwerk bewirken: „Mit der Folge, dass die Kommunikation der Nervenzellen nachhaltig gestört wird“, erklärt die Immunologin. Oder die psychischen Symptome beim Long-Covid Syndrom könnten durch eine so genannte postinfektiöse Autoimmunität ausgelöst werden, bei der sich die Abwehrzellen gegen den eigenen Körper richten. „Es gibt somit gleich mehrere Gründe, warum einige Patienten nach einer überstandenen Covid-Erkrankung noch lange auch mit psychischen Spätfolgen zu kämpfen haben“, unterstrich Alferink. Zudem gebe es auch signifikante Unterschiede bei Frauen und Männern: „Frauen, insbesondere die unter 40-jährigen, tragen nach einer SARS-CoV-2 Infektion eine deutlich höheres Risiko für spätere psychische Symptome als Männer“, so die Alexianer-Expertin. Männern hingegen erwische das Virus in der akuten Krankheitsphase meistens schwerer. Erhöht eine Corona-Infektion das Risiko für eine Demenzerkrankung, wie steht es eigentlich um das psychische Wohlbefinden von jungen Erwachsenen und werden die Erkenntnisse zu den Spätfolgen eigentlich statistisch erfasst, damit sie künftig fundierter in Lockdown-Maßnahmen einfließen?
Diese und weitere Fragen brachten die Zuschauer auf die Studiobühne der Waschküche und ließen am Ende damit auch ein Fazit der Expertin sehr deutlich werden: „Die Langzeitfolgen werden ein großes Thema für die Zukunft sein!“