Medizin muss bei allem technischen Fortschritt den Menschen dienen. Dies war ein Ergebnis des zweiten Ethik-Symposium der Alexianer in Berlin mit 150 Teilnehmenden zum Thema „Wer noch krank wird, ist selber schuld. Oder?“. Hochkarätige Experten aus Medizin, Theologie, Ethik und Wirtschaft diskutierten die Frage, welche Folgen der technische Fortschritt für die Medizin hat und welche ethischen Fragestellungen sich daraus ergeben.
Den Auftakt machte Alexander Britz von Microsoft, der aktuelle Möglichkeiten der Digitalisierung in der Medizin darstellte und das Potenzial aufzeigte, welches die künstliche Intelligenz für medizinisches und pflegerisches Personal birgt. Im Kern geht es um mehr Zeit für Patientinnen und Patienten durch Entlastung in der Dokumentation und Vorbereitung von Entscheidungen, auch in der Einhaltung von Leitlinien. Dabei plädierte er für klare Regeln im Umgang mit KI und Handlungsanweisungen für die Umsetzung.
Prof. Dr. Armin Grunwald, Leiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse in Karlsruhe, nahm die ethische Perspektive in den Blick. Dem Transzendenzversprechen der Technik soll ein klares Menschenbild entgegengesetzt werden. Klar sei aber auch: „Es gibt keine ethischen K.O.-Kriterien gegen die medizinische Verbesserung des Menschen.“
Gesundheitsökonom Professor Michael Schlander sprach über Kosten im Gesundheitswesen. Dass viel Geld für Gesundheit ausgegeben werde, sei nichts Schlechtes, sondern ökonomisch folgerichtig. Nach den Wahlen erwartet er Diskussionen um Zuzahlungen, um die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens dauerhaft zu erhalten.
Medizinethiker Professor Giovanni Maio stellte fest, dass Gesundheit gerade nicht etwas sei, was im Sinne der Technikgläubigkeit der Menschen „machbar“ sei. Kern des ärztlichen Handelns sei die Sorge um Menschen, die wir nicht entsorgen dürften.
Und: Es ist auch in Ordnung, wenn man sich permanenter medizinischer Beobachtung verweigert, weil eine Verlängerung des Lebens gar nicht erstrebenswert erscheint. Darauf wies Professor Andreas Lob-Hüdepohl hin, der als Theologe auf die besondere Stellung christlicher Träger im Gesundheitswesen einging. Aus christlich-ethischer Sicht sei es die Hilfsbedürftigkeit als solche, die der Grund für die Unterstützung eines Menschen ist.
Die Veranstaltung im Tagungszentrum der Katholischen Akademie, Hotel Aquino, in Berlin wurde außerdem per Zoom gestreamt und konnte daher auch von zu Hause oder vom Arbeitsplatz verfolgt werden. Eingeladen hatte die Stiftung der Alexianerbrüder, deren Vorsitzender Dr. Hartmut Beiker die Begrüßungsrede hielt. Inhaltlich verantwortlich war Dr. Ralf Schupp, Leiter des Referats Christliche Ethik, Spiritualität und Leitbild der Alexianer GmbH.