Ethikette 2024 – Oktober, November
Wir gehen ins vierte Quartal des Jahres, man fragt sich: Wo ist das Jahr geblieben? Seit der letzten Ethikette ist viel passiert, über das wir Sie hier informieren möchten.
Außerdem finden Sie in den Veranstaltungshinweisen Informationen zum anstehenden Symposium (hier anmelden!) sowie einem neuen Veranstaltungsformat: Der Ethikkonferenz. Sie wird am 27. Januar 2025 zum ersten Mal in Berlin-Weißensee stattfinden - Sie können sich hier direkt anmelden! Sollten Sie Fragen, Anregungen und Kommentare haben, melden Sie sich gerne bei unserem Referat für Christliche Ethik, Leitbild und Spiritualität.
Umgang mit assistiertem Suizid
In seiner Sitzung am 8. März 2024 hat der Rat für christliche Werteorientierung und Seelsorge ein Konzept zum Umgang mit dem Thema Suizidassistenz in Kraft gesetzt.
Die zentralen Bausteine umfassen eine Handreichung für Einrichtungsleitungen sowie Orientierungspapiere für die Mitarbeiter*innen zum einen der Eingliederungs- und Altenhilfe sowie außerklinischen Pflege, zum anderen der Kliniken.
Während es bei den Orientierungspapieren vor allem um die Grundhaltung zur Suizidassistenz geht, behandelt die Handreichung für Einrichtungsleitungen auch rechtliche und prozessuale Fragen, die sich in Einrichtungen bei Anfragen von Bewohner*innen stellen können. Alle Dokumente können im Intranet eingesehen werden. Begleitet wird der Rollout von Informationsveranstaltungen auf verschiedenen Ebenen. Daneben wird das Angebot an Schulungen zum Umgang mit Sterbewünschen weiter ausgebaut werden.
Arbeitsgruppe zur ethischen Fallbesprechung
„So kann es nicht weitergehen, darüber müssen wir sprechen.“ Nicht selten kommen Behandlungs- oder Begleitungs-Teams in den Einrichtungen an ihre Grenzen. Oft ist die Ursache ein ethisches Dilemma, das erkannt und besprochen werden muss. Die Methode dafür: Die ethische Fallbesprechung. Zu deren Weiterentwicklung und Etablierung bei den Alexianern hat sich eine Arbeitsgruppe gegründet.
Die ethische Fallbesprechung wird als Methode der ethischen Beratung in fast allen Alexianer-Häusern durchgeführt. Die Abläufe sind dabei jedoch verschieden. Begonnen bei der Frage des Impulses, eine Besprechung durchzuführen, über ihren Verlauf bis hin zur Dokumentierung der Ergebnisse. Es zeigt sich, überall scheint es anders geregelt zu sein. Das möchte die neu eingerichtete Arbeitsgruppe nun ändern und die ethische Fallbesprechung für die Alexianerwelt „harmonisieren“.
In einem ersten Schritt werden dafür prototypische Vorlagen erarbeitet, wie die Beantragung einer Besprechung von statten gehen kann. Hierfür gilt es viele Fragen zu klären: Wer ist überhaupt antragsberechtigt? Braucht es eine Clearing-Stelle? Sind die Anträge einfach zugänglich? Damit die ethische Arbeit wirken kann, sollte das Instrument der ethischen Fallbesprechung idealerweise allen Beteiligten, das heißt Behandlern aber auch Angehörigen auf möglichst einfachem Wege offenstehen. Ideal scheint hier, neben einem vorzuhaltenden traditionellen Antragsbogen, auch eine digitale Lösung zu sein. Der Antrag muss dann darauf überprüft werden, ob es sich überhaupt um eine ethische Fragestellung handelt. Dies könnte eine „Clearing Stelle“ übernehmen, die diese erste Vorklärung durchführt.
Wenn die Stelle zu dem Ergebnis kommt, eine ethische Frage liegt vor, wird die Besprechung veranlasst. Auch das ist mit Fragen verbunden: Führt das Ethikkomitee die Besprechung durch oder moderiert eine dafür ausgebildete Person sie als ethische Besprechung des behandelnden Teams? Wie lange darf es von der Antragsstellung bis zur Durchführung der Besprechung dauern? Und wie viele Mitglieder des Ethikkomitees sind nötig, damit man zu einer Entscheidung kommen kann? Antworten darauf könnten in der Satzung des Gremiums verankert werden.
Ist das Vorliegen einer ethischen Frage bejaht und die Besprechung einberufen, muss deren Ablauf geklärt sein. Hier gibt es verschiedene Modelle, denen gefolgt werden kann. Eine Orientierung könnte ein Protokollbogen liefern. Zu letzterem ist zu beantworten, was nach der Besprechung mit ihm passiert, was also dokumentiert wird – und was nicht.
All diese Fragen zu klären, ist der Auftrag an die nun eingerichtete Arbeitsgruppe. In einem ersten Schritt werden unter Einhaltung der Standards für klinische Ethikberatung und denen des Datenschutzes Vorlagen für Beantragung und Ablauf erarbeitet. Im zweiten Schritt sollen dann die Prozesse rund um die ethische Fallbesprechung auf ihre Digitalisierungspotentiale überprüft werden.
Neue Ethikkomitees in Köln und im Hochsauerland
Mit einem neuen Komitee am Klinikum Hochsauerland und einem für die Alexianer in Köln konnten nun zwei Lücken auf der alexianischen Ethik-Landkarte geschlossen werden. Dem Ziel, die Ethikarbeit durch Ethikkomitees oder Teams bei den Alexianern flächendeckendend zu gewährleisten sind wir damit einen weiteren Schritt näher. Die Gremien aus Expertinnen und Experten setzten sich mit ethischen Fragestellungen auseinander, führen Fallbesprechungen durch, erarbeiten Leitlinien und sind grundsätzlich Ansprechpartner rund um Fragen der Ethik.
Im Sauerland war der Anlauf lang: „Vieles hat hier neu Fahrt aufgenommen, auch die Gründung eines Ethikkomitees“ sagt Dr. Mohammad Wattad, dem als Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie, Palliativmedizin und Stammzelltransplantation die Ethikarbeit ein echtes Anliegen ist. Alle Interessierten am Klinikum sind eingeladen, sich zu beteiligen. „Wir möchten niemanden abweisen“ bestätigt Wattad. Das Ethikkomitee des Klinikums wird nun seine Arbeit aufnehmen. Zum Start ist eine Schulung mit dem Referat CELS zu den Grundlagen der klinischen Ethik geplant, die im November und Januar stattfinden wird. Bei Fragen und Interesse melden Sie sich gerne, Dr. Mohammad Wattad ist der Ansprechpartner für die Ethik im Sauerland.
In Köln hat die Ethikarbeit eine große Tradition und wurde lange Zeit durch den ehemaligen Leiter des dortigen Alexianer-Krankenhauses Dr. Manfred Lütz verkörpert. Nachdem dieser in den Ruhestand ging, gab es lange Zeit kein Ethikkomitee. Das hat sich nun geändert. Auf Initiative aus der Mitarbeitendenschaft hat sich ein Gremium gegründet, das die Arbeit bereits aufgenommen hat. Auch hier wurde eine Fortbildung zu den ethischen Grundlagen durch das Referat durchgeführt. Ansprechpartnerinnen in Köln für Fragen rund um die Ethik sind Birte Turk und Johanne Robrecht, die die Region, ebenso wie Dr. Wattad das Hochsauerland, nun auch im Zentralen Ethikkomitee vertreten werden.
Der besondere Fall
Beim Treffen des Zentralen Ethikkomitees wurde der besondere Fall aus einer Alexianer-Region vorgestellt. Der Sachverhalt drehte sich um den 1936 geborenen Patienten L., der zur stationären Behandlung vom 07.09.2022 bis zum 13.06.2023 Patient einer Alexianer-Klinik war.
Text zum Fall [weiterlesen]
Der besondere Fall ist eine Rubrik, in der Fälle aus unseren Häusern und darüber hinaus vorgestellt werden. DIe FÄlle sind aus einer ethischen Perspektive komplex und daher besprechenswert.
Regionale Ethikkonferenz am 27. Januar 2025
Die Ethikkonferenz ist ein neues Veranstaltungsformat zur fachlichen Weiterbildung unserer Ethikerinnen und Ethiker. Zukünftig wird einmal im Jahr eine Konferenz stattfinden, wobei der Ort jährlich in den Verbünden wechselt. Die Premiere findet am 27. Januar 2025 im Verbund Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt statt.
Durch die Teilnahme an den Konferenzen können die Mitarbeitenden ihre fachlichen Kenntnisse erweitern, sich mit aktuellen ethischen Fragestellungen auseinandersetzen und sich untereinander vernetzen. Zielgruppe der Konferenzen sind die verschiedenen Mitglieder der Ethikkomitees, sowie weitere Mitarbeitende, die mit dem Thema Ethik betraut, bzw. daran interessiert sind. Den Mitgliedern in den Ethikkomitees wird eine Teilnahme an der Ethikkonferenz in drei Jahren empfohlen. Insgesamt soll die Präsenz der ethischen Arbeit gesteigert, deren Qualität gefördert, ihre Relevanz sichtbarer gemacht und die Freude an der ethischen Arbeit verbreitet werden.
Im Jahr 2026 wird der Verbund Rheinland, im Jahr 2027 der Verbund Westfalen jeweils inklusive der dortigen Funktionsverbünde Standort sein.
Programm:
Ab 09:30 Stehkaffee
10:00 Beginn und Begrüßung
10:15 Vortrag: "Alexianische Ethik“ – Warum die Ethik entscheidende Größe unseres Wirkens ist; Dr. Jochen Reidegeld
10:45 Diskussion
11:00 Pause
11:15 Workshopphase 1:
Alexianer Sein - Organisationsethische Perspektiven für unsere Gruppe,
Umgang mit dem Lebensende im Islam – ethische Betrachtungen,
12:30 Mittagspause
13:30 Workshopphase 2:
Die ethische Fallbesprechung,
Umgang mit dem Lebensende im Islam – ethische Betrachtungen,
Alexianer Sein - Organisationsethische Perspektiven für unserer Gruppe,
14:45 Kaffeepause
15:15 Abschlussvortrag
16:15 Abschlussrunde
16:30 Ende der Veranstaltung
Veranstaltungshinweise
Ethik-Symposium der Alexianer – Die Zukunft der Medizin
13. November 2024
Katholische Akademie Berlin
Hannoversche Str. 5
10115 Berlin
Regionale Ethikkonferenz in Berlin-Weißensee
27. Januar 2025
Alexianer-Krankenhaus St. Joseph, Berlin Weißensee
Literaturhinweis
Ethische Fallbesprechung für die Praxis sozialer Berufe
Kohlfürst; Kulke; Leupold, Como-Zipfel, Kohlhammer 2023.
Das Buch thematisiert die methodische Reflexion und professionelle Bearbeitung ethischer Frage-stellungen in der Praxis sozialer Berufe. Damit rückt es den Fokus von der klinischen Ethik hin zur sozialen Arbeit, als ein Bereich gelten kann, in dem die ethische Fallbesprechung noch wenig präsent ist.
274 Seiten, kartoniert, 232mm x 155mm x 15mm
ISBN 978-3-17-042472-2